Stadtentwicklung / Geschichtliches Geisa
744
Im Codex Eberhardi (Zusammenstellung aller vorhandenen Urkunden und Regesten durch den fuldischen Mönch Eberhard im Auftrag von Abt Marquard I. [1150-1165]) ist unter der Jahreszahl 744 von einer „villa geisaha" die Rede, die durch Karlemann und Pippin zusammen mit anderen Meiereien mit Zinsen und Diensten dem Kloster Fulda geschenkt worden sein soll. Dieser „Beleg" hat sich als Fälschung erwiesen.
817
Im gleichen Codex ist vermerkt, daß Abt Ratgar (802-817) von Kaiser Ludwig dem Frommen (814-840) im Tausch gegen Ibstadt („Ibistat") am Rhein die drei Meiereien Vacha, Geisa und Spahl ( ...."tres villicationes, una in vache, alteram in geisaha, tertiam in spanelo"...) erhalten hat. Diese Angabe ist kaum anzuzweifeln, und da die Zahl 817 hier die größte Sicherheit bietet, hat Geisa diese als Jahr der ersten urkundlichen Erwähnung angenommen.
um 1000
Unter den Abgabepflichtigen werden auch 55 Slawen genannt.
12. Jhdt
Zur Absicherung der Grenzen des Fuldaer Landes entsteht ein ganzer Ring von Burgen, so auch in Geisa und am Rockenstuhl. Besonders in derzeit des Interregnums (1256-1272) werden jedoch viele Adelige zu Wegelagerern.
1265
Geisa wird auf Veranlassung von Fürstabt Bertho II. von Leipolz zu Verteidigungszwecken mit einer Mauer umgeben.
1271
Der o.g. Fürstabt läßt im Fuldaer Land 25 Raubritterburgen zerstören, darunter auch Rockenstuhl und eine Befestigung (Bergfried) am Bocksberg.
1302
Erstmals wird in einer Urkunde Geisa als Stadt bezeichnet. Ein Nachweis über die Verleihung der Stadtrechte ist nicht mehr vorhanden.
1327
Erstmals ist in einer Urkunde vom Amt Rockenstuhl die Rede, d. h., nachdem 1282 auf dem Rockenstuhl ein neues Schloß gebaut wurde, dem Geisa wohl nichts Gleichwertiges entgegenzusetzen hatte, ging wahrscheinlich schon im Anfang des 14. Jahrhunderts die Gerichtsbarkeit von Geisa auf den Rockenstuhl über. Erst im Jahre 1699 verlegte man den Amtssitz wieder nach Geisa.
1340
Fürstabt Heinrich VI. von Hohenberg verleiht Geisa das Brau- und Schankrecht und das Vorrecht des Gewandschneidens.
1427-1670
Die Stadt wird mehrfach verpfändet und wieder eingelöst
Ende 15. bis Anfang 17. Jhdt
Geisa wird mit seinen Jahrmärkten und den von Martini bis Ostern jeden Montag stattfindenden Wochenmarkt dank des Fleißes seiner Handwerker (Leineweber, Wollenweber, Lohgerber, Schuster, Schuhmacher, Bäcker, Müller usw.) und Bauern zu einer blühenden Stadt.
1524-1525
Während des Bauernkrieges versuchen aufständische Bauern aus der Tanner Gegend erfolglos Geisa zu erobern.
1524-1634
Es folgt die Zeit der Reformation und Gegenreformation im Fuldaer Land. Nach mehrfachem Konfessionswechsel, entsprechend der Religion des Landesherren, kehrt die Bevölkerung Geisas letztendlich vom protestantischen zum alten katholischen Glauben zurück.
1618-1648
Vom 30jährigen Krieg bleibt auch Geisa nicht verschont und erfährt Leid und bittere Not. Auch grasiert in dieser Zeit mehrfach die Pest im Geisaer Land.
1672-1678
Der zweite Raubkrieg Ludwigs XIV. sowie der
1756-1763
Siebenjährige Krieg bringen wegen der Abgabeforderungen und der ständigen Durchmärsche neues Unheil über das Geisaer Land.
1769-1771
Durch Mißernten bricht in der ganzen Rhön eine Hungersnot aus. Es kommt zu Auswanderungen und in der Folge weiterer Probleme (siehe „Staatswissenschaftliche Denkschrift" des Amtsmannes Franz Karl Gößmann aus dem Jahre 1789) zu starkem wirtschaftlichem Rückgang.
1802-1803
Im Zuge der Säkularisation - noch vor deren Besiegelung durch den Reichsdeputationshauptschluß (1803) - wird im Oktober 1802 das Hochstift Fulda an Prinz Wilhelm Friedrich von Oranien übergeben.
1806
Das Fuldaer Land (und damit auch das Amt Geisa) gerät unter französische Herrschaft.
1810
Fulda mit dem Geisaer Amt wird Bestandteil des neu gebildeten Großherzogtums Frankfurt unter Großherzog Karl von Dalberg.
1813
Die im Rußlandfeldzug geschlagenen napoleonischen Truppen plündern auf ihrem Rückzug die Dörfer Borsch und Buttlar aus und setzen letzteres in Brand. Das Geisaer Amt kommt nun zeitweise unter österreichische Verwaltung.
1815
Am 27. Juli 1815 werden durch die Beschlüsse des Wiener Kongresses die Ämter Dermbach und Geisa zunächst unter preußische Hoheit gestellt, aber schon wenig später – am 22. September 1815 - dem Großherzogtum Sachsen-Weimar angegliedert. Damit war die 1000jährige Bindung an Fulda zerstört. Die traditionsliebende Bevölkerung hat diesen Schritt nie ganz überwunden. Die Ämter Geisa und Dermbach waren nun zu ächst auch kirchlich vom Bistum Fulda getrennt
1821
Der Geisaer Dechant Moris verlangt die kirchliche Wiederanbindung an das Bistum Fulda, doch er stößt bei der Regierung in Weimar vorerst auf harten Widerstand.
1829
Durch die Genehmigung der Weimarer Regierung werden die Ämter Geisa und Dermbach kirchlich wieder dem Bistum Fulda zugeordnet. Im folgenden Jahr schließt sich auch der restliche Teil des Großherzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach dem Bistum Fulda an. Im Jahre 1856 sanktioniert der Papst in Rom diese Zuordnung.
1848
Zur Aufrechterhaltung der gesetzlichen Ordnung wird auf Forderung der Die Einwohnerzahl ist eine Bürgerwehr gegründet, die jedoch nicht zum Einsatz kommt und sich schon nach einigen Monaten wieder auflöst.
1849
Im Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach erfolgt die Trennung der Justiz von der Verwaltung. Das Amt Geisa wird mit anderen Ämtern der Rhön zum IV Verwaltungsbezirk mit Sitz in Dermbach zusammengelegt. Das Geisaer Amt wird zum Justizamt. Im Jahre 1879 folgt die Umwandlung in ein Amtsgericht
1858
Am 23. Juni vernichtet ein Großbrand fast die gesamte Oberstadt. Auf dieses Ereignis begründet sich nach entsprechendem Gelöbnis die alljährige Feier des Geisaer Brandfestes.
1866
Im Sommer finden Kämpfe der preußischen Mainarmee gegen die Hessen und Bayern in der thüringischen Rhön, unter anderem auch im Geisaer Gebiet, statt. Am Geisaer Friedhof werden drei Gefallene begraben. Unter ihnen befindet sich der preußische Major Cäsar Rüstow.
1883
Bei einem erneuten Großbrand werden am 28. April große Teile der Unterstadt ein Raub der Flammen.
2. Hälfte des 19. Jhdts. und Anfang des 20. Jhdts.
Geisa erlebt die typische Entwicklung deutscher Kleinstädte mit der Gründung von Wirtschafts- und Geselligkeitsvereinen und der Ansiedelung von kleineren Industriebetrieben (z. B. Korkstopfenschneiderei).
Markante Punkte sind außerdem:
Saisonarbeit in anderen Regionen und Auswanderung (z. B. nach Amerika).
Telegrafieanschluß nach Dermbach 1870.
Probeexemplar der „Geisaer Volkszeitung" 1894.
Wasserversorgung 1897.
Eisenbahnstrecke Vacha - Geisa 1906.
Eisenbahnstrecke Geisa - Tann 1909.
Elektrizitätswerk Pfortenmühle und elektrische Stadtbeleuchtung 1909.
„Geisaer Heimatglocken" (Mitteilungsblatt der evangelischen Gemeinde) 1913 -1923.
Seit Anfang des 20. Jahrhunderts finden viele Geisaer in der aufkommenden Kaliindustrie Beschäftigung
1914-1918
Erster Weltkrieg
Etwa 500 Bürger aus dem Geisaer Amt ziehen zum Teil freiwillig in die Schlacht, 73 müssen in den Kämpfen ihr Leben lassen
1918
Nach der Novemberrevolution werden auch im Geisaer Amt Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräte gebildet
1921
Im Zuge der inflationären Entwicklung läßt die Stadt Geisa zur Aufrechterhaltung des Zahlungsverkehrs eigenes Notgeld drucken. Mit der Gründung des Landes Thüringen wird das Amtsgericht Geisa als Thüringisches Amtsgericht weitergeführt.
1933
Nach Jahren zunehmender Arbeitslosigkeit erscheinen die Nationalsozialisten dem Volk als neuer Hoffnungsträger und siegen bei der Wahl am 12. November. Die traditionell führende Zentrumspartei wird bedeutungslos.
1938
Während der Reichskristallnacht am 9. November wird auch in Geisa die jüdische Synagoge zerstört. Es beginnt eine neue Phase des leidvollen Weges unserer jüdischen Mitbürger.
1939-1945
Zweiter Weltkrieg. Die Stadt Geisa bleibt zwar von Bombenangriffen verschont, doch sehr viele Bürger büßen ihr Leben ein. Neun Opfer des sinnlosen Krieges liegen auf dem Friedhof - rechts vom Eingang - begraben.
1945
Am 2. April (Ostermontag) dringen die amerikanischen Truppen in das Geisaer Land vor und lassen sich zunächst am Rasdorfer Berg und Mittelberg nieder. Einen Tag später beginnt der Einmarsch der Amerikaner. Die Geisaer leisten dem wahnwitzigen Befehl zur Verteidigung keine Folge, und es kommt zu keinem weiteren Leid. Die grausame Diktatur der Nationalsozialisten ist beendet. Im Sommer verlassen die amerikanischen Besatzungstruppen gemäß dem bereits 1944 in London und Jalta festgelegten Gebietsaufteilungsplan wieder das Thüringer Land. Geisa wird nun sowjetische Besatzungszone.
1945-1952
Wie allerorten in der Sowjetzone wird das kommunistische System nach sowjetischem Modell aufgebaut. Trotz „demokratischer Reformen" und der „Einheitsfront aller antifaschistischdemokratischen Parteien und Organisationen" ist die nun erreichte „Diktatur des Proletariats" unter Führung der „Partei der Arbeiterklasse" eben wieder eine Diktatur, deren reale Praxis insbesondere nach Gründung der DDR am 7. Oktober 1949 eine ständige Fluchtbewegung in Richtung Westen erzeugt.
1950
Das Geisaer Gebiet als einstiges Eisenacher Oberland wird am 22. Mai mit der Gründung des Kreises Bad Salzungen diesem zugeordnet.
1952
Zur Unterbindung der Fluchtwelle auch bei Geisa wird mit dem Aufbau der ersten Anlagen zur Grenzbefestigung begonnen. Es kommt in diesem Jahr und auch zu späterer Zeit wiederholt zu Zwangsaussiedlungen „unliebsamer Bürger" aus dem Grenzgebiet. 60 betroffenen Personen gelingt noch am 16. Juni 1952 die Flucht in den Westen. Im Anschluß daran wird in der Bundesrepublik der Heimat Kreis des ehemaligen Geisaer Amtes gegründet, der bis 1990 Heimatbriefe herausgibt, regelmäßig Heimattreffen organisiert und zu Pfingsten 1980 am Lindeneck (nahe Waldhof) einen Gedenkstein, der die deutsche Teilung symbolisiert, setzt. Nach Pfingsten wird die Eisenbahnstrecke Vacha - Motzlar stillgelegt und abgebaut. Geisa liegt nun in der 5-km-Sperrzone. Ein Besuch Auswärtiger ist -wenn überhaupt- nur mit Sondergenehmigung möglich. Zum anderen dürfen sich die Geisaer nur im Sperrgebiet ihres Kreises aufhalten und auch nicht unter normalen Bedingungen den noch näheran derGrenze liegenden 500-m-Schutzstreifen, in dem sich die Orte Reinhards und Wenigentaft befinden, betreten.
1952 und später
Im Zuge des Grenzsicherungswahns werden im Geisaer Land zahlreiche mehr oder weniger grenznahe Gebäude mit zum Teil jahrhundertealter Tradition zerstört und dem Erdboden gleich gemacht. Zu diesen Gebäuden zählen z. B. der Fischerhof, der Wassermannshof, der Jakobshof, der Seeleshof, der Weidhof, die Häuser von Langwinden, der Kohlbachshof, das Pirschhaus am Roßberg, das Geisaer Waldhäuschen und andere. Das Leid der betroffenen Menschen wurde brutal einem „höheren Zweck" geopfert.
1953
Der Bischof von Fulda setzt für den thüringischen Teil seines Bistums einen Generalvikar, der anschließend zum Weihbischof geweiht wird, in Erfurt ein. Geisa gehört bis heute dem dem Fuldaer Bischof unterstellten Bischöflichen Amt in Erfurt an.
1957
Der frühere Amtsgerichtsbezirk Geisa, das „Geisaer Amt", wird mit einer Verwaltungsreform in den „Wahl Kreis Geisa" umgewandelt.
1961
Nach dem Bau der Berliner Mauer, dem „antifaschistischen Schutzwall", wird die innerdeutsche Grenze zu einer kaum überwindbaren Barriere aus Stacheldraht und Minen ausgebaut.
1967
Vom 10. Juni bis 9. Juli feiert Geisa sein 1150jährige Bestehen, u. a. mit einem großen historischen Festumzug. Unter großen Schwierigkeiten wird von der zuständigen Kreisbehörde letztmalig der Druck einer Festschrift genehmigt.
1974
Geisa schließt sich mit den umliegenden Dörfern Bermbach mit Borbels und Mieswarz, Borsch mit Lützenbachshof, Bremen mit Geblar und Otzbach, Buttlar, Geismar, Gerstengrund, Ketten mit Apfelbach und Walkes, Kranlucken, Motzlar mit Oberrothof, Reinhards, Schleid mit Unterrothof und Röderkirchhof, Spahl, Wenigentaft, Wiesenfeld und Zitters zu einem Gemeindeverband zusammen, der in etwa den Grenzen des ehemaligen Amtsgerichtsbezirkes entspricht. Der Ort Lenders wurde schon 1952 Oechsen angegliedert.
1989
Seit Ende Oktober finden auch in Geisa montags abends regelmäßig Friedensgebete und anschließende Demonstrationen und Kundgebungen statt, um der Unzufriedenheit der Bevölkerung mit den bestehenden Verhältnissen Ausdruck zu verleihen. Im Zuge derfriedlichen Revolution in der DDR kommt es nach über 40Jahren SED-Herrschaft am 9. November zur langersehnten Öffnung der innerdeutschen Grenze. Am 13. November wird das Sperrgebiet aufgelöst. Es werden im Eiltempo Grenzübergangsstellen (GÜST) eingerichtet, zum Beispiel:18. November Eröffnung PKW-Übergang Buttlar – Rasdorf
8. Dezember Eröffnung PKW-Übergang Motzlar – Günthers
22. Dezember Eröffnung Fußgänger-Übergang und
23. Dez. Geisa – Rasdorf
Am 24. Dezember werden Visazwang und Pflichtumtausch für Bürger der Bundesrepublik Deutschland aufgehoben. Geisa verzeichnet eine bedeutende Zunahme des Straßenverkehrs.
1990
Am 10. März wird die Städtepartnerschaft mit Hünfeld feierlich besiegelt. In den ersten freien Wahlen nach 1933, am 18. März (Wahlen zur Volkskammer), wird auch in Geisa die Zeit des SED-Übergewichts beendet. Im Ergebnis der Kommunalwahlen am 6. Mai gibt es folgende Sitzverteilung für die Stadtverordnetenversammlung: CDU: 13 Sitze, Bürgerforum: 4 Sitze, Neues Forum: 1 Sitz, PDS: 1 Sitz. Am 1. Juli tritt die DDR in die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion mit der Bundesrepublik ein. Am 3. Oktober werden beide deutsche Teilstaaten wieder ein einheitliches Deutschland. Geisa gehört dem Land Kreis Bad Satzungen im neuen Sie liegt in folgendem Bundesland Thüringen an.
1991
Am 11. Juli erfolgt auf Antrag der Gemeinde Wiesenfeld die Beschlußfassung der Stadtverordnetenversammlung zur Eingemeindung des Nachbardorfes nach Geisa. Am 11. Oktober wird die Urkunde zur Eingemeindung von Wiesenfeld in feierlicher Form unterzeichnet.Am 11. Juli erfolgt auf Antrag der Gemeinde Wiesenfeld die Beschlußfassung der Stadtverordnetenversammlung zur Eingemeindung des Nachbardorfes nach Geisa. Am 11. Oktober wird die Urkunde zur Eingemeindung von Wiesenfeld in feierlicher Form unterzeichnet.
(Quelle: Stadthomepage)
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