Stadtentwicklung / Geschichtliches Wetter
Das berühmte Kochbuch, die Keimzelle der Ruhrgebiets-Industrialisierung, Ränkespiel und Geiselnahme - die Stadt Wetter kann eine spannende Geschichte erzählen. Das alte Rathaus, historische Dorfkerne in den Stadtteilen und viele historische Orte machen Tradition und Kultur lebendig. Wir freuen uns, wenn Sie uns hier besuchen. Einen fünfminütigen Stadtrundgang via Computer bieten wir Ihnen aber schon jetzt. Also: einfach weiterlesen.
Am Anfang streng ländlich: Wengern
Zu den urkundlich frühest genannten Siedlungen auf dem Gebiet der heutigen Stadt Wetter gehören die Stadtteile Wengern und Volmarstein, die schon im 11. Jahrhundert Erwähnung finden. 22 Höfe des Dorfes Wengern, von denen heute noch einige durch Familien- oder Flurnamen bekannt sind, verzeichnet die erste allgemeine Besteuerungsliste der Grafschaft Mark, das Schatzbuch von 1486. Das Dorf Wengern selbst ist wesentlich älter, schon um 1080 wird die Kirche in Wengern vom Kölner Erzbischof Segevinus zur Pfarrkirche erhoben. Insgesamt blieb Wengern mit seinen umliegenden ehemaligen Bauernschaften Albringhausen, Esborn und Voßhöfen eine ländlich orientierte Gemeinde, die erst im 20. Jahrhundert mit der Industrialisierung konfrontiert worden ist. Hingegen liegt eine Wiege des Bergbaues an der Ruhr in der ehemaligen Freigrafschaft Volmarstein, in der seit der Mitte des 16. Jahrhunderts Steinkohle abgebaut wurde. 1645 betrieb Thönies Steinhaus zum Besten der Kirche in Wengern Steinkohleabbau im Steinhauser Grund. Die Überreste des frühen Steinkohlenbergbaues an der mittleren Ruhr sind im Gebiet zwischen Volmarstein und Wengern noch an den Mundlöchern, Lochsteinen und Erbstollen, die zur Wasserhaltung der Gruben dienten, als Bau- und Bodendenkmäler erhalten. Das Schlebuscher Revier ist heute ein bevorzugtes Naherholungs- und Wandergebiet.
Tor zur Macht: Volmarstein
Im Gegensatz zur ländlich orientierten Gemeinde Wengern war Volmarstein schon früh ein Vorposten kurkölnischer Macht in Westfalen. Etwa 7 km entfernt von der namensgebenden Mündung der Volme in die Ruhr errichtete Erzbischof Friedrich I. von Köln (1100-1131) nach einer Chronik "Westfalens berühmte Burg Volmarstein", die einem aus der Soester Gegend stammenden Geschlecht, den späteren Herren von Volmarstein, übertragen wurde. Mit der Burg als zentralem Punkt der kölnischen Freigrafschaft und dem kölnischen Gogericht Hagen-Schwelm sicherte sich der Erzbischof von Köln den Zugang nach Westfalen. Die Grafen von der Mark bemächtigten sich - gemeinsam mit dem König von Böhmen und den Grafen von Berg und Holland-Hennegau - nach dem Tag bei Worringen 1288 und der Eroberung der Burg 1324 der Volmarsteiner Festung.
Im 14. und 15. Jahrhundert scheinen die Grafen von Kleve/Mark die Burg Volmarstein noch zeitweise genutzt zu haben, bevor sie im 15. Jahrhundert verfiel. Die Herren von der Recke-Volmarstein beanspruchten und behielten jedoch ihren Besitz in Volmarstein und die dazugehörige Lehnskammer, die zu den reichsten Westfalens zählte, bis ins 19. Jahrhundert und veräußerten ihren Volmarsteiner Besitz erst im 20. Jahrhundert.
Femegericht: Verwaltung statt Mystik
Von besonderer Bedeutung im ausgehenden Mittelalter war das Femegericht Volmarstein, dessen Gerichtsbezirksgrenzen mit dem heutigen Ennepe-Ruhr-Kreis und der Stadt Hagen nahezu identisch sind. Während das Femegericht noch immer mit mystischen Vorstellungen eines "heimlichen" Gerichts umrankt ist, war die Hauptaufgabe dieses Volmarsteiner Gerichts offensichtlich die Beglaubigung von Eigentumsübertragungen. Rat wurde sogar aus der Stadt Basel eingeholt.
Um die kurkölnische Burg Volmarstein entstand zunächst eine bäuerliche Siedlung, die schon ab 1307 mit dem Begriff "Stadt" gekennzeichnet wurde. Urkundlich können Bürgermeister der Freiheit Volmarstein ab 1563 belegt werden. Die Einwohner Volmarsteins teilten ihre Markenrechte mit den Bewohnern der heutigen Stadtteile von Hagen, Vorhalle und Haspe, was von Alters her eine enge wirtschaftliche und verwandtschaftliche Bindung einerseits zum Ruhrtal, andererseits zur Ennepe und zur "Ennepestraße" und eine regionale Ausrichtung der Bewohner mit sich brachte.
Schloß und Esel: Symbole aus Tradition
Um die Mitte des 18. Jahrhunderts entwickelte sich in Volmarstein die heute weltweit bekannte und geschätzte Schloßindustrie, zu jener Zeit jedoch noch als rein handwerklich aufgebaute Produktion. Die Herstellung der Schlösser in Heimarbeit und die überkommenen handwerklichen Strukturen Volmarsteins stießen mit dem Aufkommen der maschinellen Fertigungsmethoden, besonders der Einführung der Spindelpresse, auf inneren Widerstand. Dieser entlud sich im Revolutionsjahr 1848 mit der Zertrümmerung einer Spindelpresse in der Lohmannschen Fabrik in Voerde, in einer gemilderten Art von Maschinensturm. Später als in den Konkurrenzbetrieben wurde dann auch in Volmarstein Maschinenkraft bei der Schloßproduktion eingesetzt. Die Tradition der heute noch bestehenden Schloßfabriken reicht teilweise über 100 Jahre zurück.
Neben der Schloßherstellung war das Fuhrgeschäft eine Haupteinnahmequelle der Bewohner von Volmarstein und Grundschöttel an einer für die regionale Wirtschaft entscheidenden Stelle, einem Übergang zwischen der Roheisen herstellenden "Ennepestraße", den Kohlenzechen des bergisch-märkischen Hügellandes und den eisenverarbeitenden Betrieben des Ruhrtals. Neben den für das Fuhrgeschäft notwendigen Pferden wurde auf den steil ansteigenden Pfaden des namenlosen Höhenzuges zwischen Ruhr und Ennepe, besonders auch auf der alten Kohlenstraße durch Grundschöttel der Esel als Transporttier eingesetzt. Seither ist der "Volmarsteiner Esel" ein Symbol, mit dem sich die Einwohner identifizieren.
Seinen hohen Bekanntheitsgrad verdankt der Stadtteil Volmarstein neben den spezialisierten eisenverarbeitenden Betrieben vor allem der Evangelischen Stiftung Volmarstein, die Pastor Franz Arndt 1904 zur Betreuung und Berufsausbildung für Körperbehinderte gründete. Diese haben sich zu einem führenden Zentrum in medizinischer und sozialer Hinsicht im Umgang mit Behinderten entwickelt und sind zu einem wesentlichen Wirtschaftsfaktor der Stadt geworden.
Ein Motiv zieht um die Welt: Alt-Wetter
Die alte Stadt Wetter liegt umschlossen von einem Ruhrbogen an der Südseite des "Alten Stammes", einem Ausläufer des Ardeys. Im Mittelalter bestand der Ort aus zwei Siedlungskernen, dem Dorf im Ruhrtal und der Freiheit Wetter auf einer 40 m über der Ruhr gelegenen Anhöhe. Die älteste Siedlung wird im Dorf Wetter vermutet. Hier haben auch die Ritter Bruno und Friedrich gelebt, in deren Beinamen 1214 erstmals die Ortsbezeichnung Wetter erschien.
Zwischen 1250 und 1274 wurde dann von den Grafen von der Mark die Burg Wetter wohl hauptsächlich als märkischer Vorposten gegen das kurkölnische Volmarstein mit dem Ziel der territorialen Durchdringung und Sicherung der Gebiete südlich und nördlich der Ruhr errichtet. Mit der Einführung der märkischen Amtsverfassung kam auch zum Beginn des 14. Jahrhunderts ein Amtmann der Grafen von der Mark, der in der Regel dem regionalen Adel angehörte, nach Wetter. Freiheit und Dorf, die eine Verwaltungseinheit bildeten, erhielten 1355 das Freiheitsprivileg. Das bedeutete hauptsächlich eine kommunale Selbstverwaltung, eine begrenzte örtliche Gerichtsbarkeit mit der Lösung vom gräflichen Gericht und das Recht zur Bürgermeisterwahl. Schon zu dieser Zeit war die Freiheit mit einer Ringmauer umgeben, in die zwei Tore führten, von denen das zur Ruhr hin gelegene, von alters her "Waterporte" genannt, noch heute unter dem Haus Burgstraße 26, dem Burgmannensitz der Familie von Boele, zu sehen ist. Noch sechs weitere Burgmannenfamilien besaßen im ausgehenden Mittelalter in der Freiheit Wetter ein Haus. Um die Burg hatte sich auch eine bäuerlich-handwerklich strukturierte Siedlung gebildet, die aber mit der abnehmenden Nutzung der Burg Wetter durch die Herzöge von Kleve-Mark in wirtschaftliche Bedrängnis, nicht zuletzt auch wegen des 30-jährigen Krieges, kamen. Zur Hebung der Wirtschaft siedelte der Kurfürst von Brandenburg Messerschmiede aus dem Raum Solingen in Wetter, in Oberwengern und auf dem benachbarten Gut Hülsberg an.
Impulse für die Stadt: Harkort und vom Stein
Mit der Einrichtung des Kleve-Märkischen Bergamtes 1779 in der Freiheit Wetter bekam der Ort entscheidende Impulse, besonders nachdem Freiherr vom Stein 1784 hier Bergamtsdirektor wurde.
Nach der Verlegung des Bergamtes nach Bochum übernahm 1819 Friedrich Harkort die leerstehenden Gebäude und die Burg Wetter zur Einrichtung einer Mechanischen Werkstätte mit dem Ziel, Dampfmaschinen und Maschinen aller Art herzustellen. Durch seine Initiative und die Fortführung der Geschäfte durch Heinrich Kamp wurde Wetter zu einem wesentlichen Ort des deutschen Maschinenbaus und durch das Bild Alfred Rethels von dieser Anlage, eine der ersten Industriedarstellungen, weltweit bekannt. Es wurde gleichsam zu einem Symbol, einem Kultbild der Frühindustrialisierung in Deutschland.
Wegen der starken industriellen Überformung der Freiheit Wetter war eine Sanierung der Freiheit schon 1920 erwogen worden, sie konnte aber erst 1957 als eine der ersten großflächig angelegten Sanierungsmaßnahmen in der Bundesrepublik begonnen werden. Nach Abschluß der Freiheitsanierung 1986 war aus dem Vorort des deutschen Maschinenbaus eine Freizeit- und Wohnlandschaft entstanden, die Raum für individuelle Lebensgestaltung bietet.
1970: Neue Grenzen braucht die Stadt
Die heutige Stadt Wetter (Ruhr) verdankt ihre Entstehung dem Gesetz zur Neugliederung des Ennepe-Ruhr-Kreises vom 1. Januar 1970. Sie entstand durch den Zusammenschluss der früher selbständigen Gemeinden Esborn, Volmarstein und Wengern, die zum Amtsbezirk Volmarstein gehörten, und der alten Stadt Wetter (Ruhr). Getrennt werden die heutigen Stadtteile durch die Ruhr, die die reizvolle Ruhrhügellandschaft hier prägt. Zum Stadtgebiet hinzu kamen Teile der ehemaligen Gemeinden Berge und Silschede. Sinn und Ziel dieses Zusammenschlusses war es, die allgemeinen und insbesondere die wirtschaftlichen Strukturen des "neuen Wetter" zu verbessern.
Durch die Neugliederung entstand eine Stadt, die in landschaftlich reizvoller Lage eine technologisch hoch entwickelte Industrie bei gleichzeitig breit gefächertem Sport- und Freizeitangebot bietet. Die technologisch hoch entwickelten Unternehmen sowie die Branchenvielfalt sichern der Stadt Wetter (Ruhr) eine gesunde wirtschaftliche Basis für die Zukunft.
Quelle: Website
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